Ellenbogen an der Uni
Das Studium sollte unbeschwert sein, doch an manchen Fakultäten herrscht ein harter Konkurrenzkampf. Warum das schädlich ist, erfahrt ihr hier.
Das Studium sollte unbeschwert sein, doch an manchen Fakultäten herrscht ein harter Konkurrenzkampf. Warum das schädlich ist, erfahrt ihr hier.
Konkurrenz entsteht aus Mangel. Studenten kämpfen dabei um begrenzte Master- und Arbeitsplätze. Diese Masterplätze sind natürlich nur eine abstrakte Größe, denn die genaue Anzahl ist zu Anfang des Studiums nicht bekannt und es bleibt fraglich, ob alle das gleiche Masterstudium absolvieren möchten. Dennoch: Das mulmige Gefühl, keinen Masterplatz abzubekommen, lässt Konkurrenzdenken entstehen. Und die wirklich guten Jobs gibt es eben nur mit einem Masterabschluss. Seit der Umstellung auf das 2-stufige Bachelor-Master-System nimmt die Konkurrenz im Studium zu. Das liegt daran, dass einerseits die objektiven Anforderungen des Studiums zugenommen haben. Andererseits ist das verschulte Bachelorstudium schuld. Vielfach ähneln Bachelorjahrgänge Klassenverbänden, alle aus der Gruppe absolvieren die gleichen Kurse und werden gleichzeitig in den Master wechseln oder auf den Arbeitsmarkt drängen.
Unter solchen Bedingungen sind die Vergleichsmöglichkeiten größer als im alten System, wo Studenten mehr Freiheiten hatten und jeder seinen eigenen Weg ging. Im starren Bachelorsystem lassen sich Leistungspunkte, Noten, Auslandserfahrungen und Praktika viel direkter vergleichen. Und wo Menschen ihre Leistungen miteinander vergleichen, sind Neid und Missgunst nicht weit. Denn kommen übertriebene Perfektionsansprüche hinzu, wie es einer Befragung zufolge bei 57 Prozent der Studierenden der Fall zu sein scheint (so viele gaben an, im Studium "überdurchschnittliches leisten" zu wollen), werden aus Kommilitonen Konkurrenten und aus Freunden Feinde. Dann werden Mitschriften von Vorlesungen nicht mehr geteilt oder Bibliotheksbücher versteckt. Und das ständige Konkurrenzdenken setzt viele Studenten zusätzlich unter Druck.
Angst, Druck und Stress lähmen das Gehirn. Wen sie ständig begleiten, studiert nicht auf höchstem Niveau. Und wer seine Grenzen regelmäßig überschreitet, um noch mehr zu leisten, macht sich krank. Eine Sache muss man sich klar machen: Es wird immer jemanden geben, der besser ist, der einem sprichwörtlich davonläuft. Damit muss sich jeder abfinden. Wer im Studium nicht begreift, dass jeder seine eigenen Stärken hat, andere Ressourcen mitbringt, unterschiedlich belastbar ist und ein anderes Tempo braucht, wird auch im Arbeitsleben Probleme bekommen und droht, ein Burnout zu erleiden. Das Vergleichen mit Kommilitonen ist nur dann hilfreich, wenn man sich einen ebenbürtigen Mitstudenten sucht. Dann kann man sich gegenseitig anspornen. Aber allzu oft ist die Konkurrenz im Studium nur vage ausformuliert und es wird die Leistung der Masse als Maßstab angesetzt. Da hat Anna ein Auslandssemester absolviert, Paul ein Praktikum gemacht, Steven bei der Studierendenvertretung gearbeitet und Bita Bestnoten geschrieben - und man selbst will all das auch schaffen, sogar gleichzeitig. Totaler Quatsch, so verausgabt man sich nur und verpasst das, was wirklich zählt: Netzwerken.
Das Studium ist nämlich die ideale Zeit, um Netzwerke zu knüpfen. Gute Kontakte zu Kommilitonen helfen bei der Bewältigung der Arbeitslast und bringen Freude ins Studium. Durch gegenseitige Hilfe kann man seine Schwächen überwinden und so besser werden. Und die Freundschaften aus der Uni halten oft über die Studienzeit hinaus. Ex-Kommilitonen sind gute Ansprechpartner bei der Jobsuche oder beim Umzug in eine neue Stadt. Wer die Konkurrenz im Studium als wichtiger empfindet, verpasst die schönsten Stunden des Studiums und einen Freundeskreis für Jahre darüber hinaus.
Konkurrenz im Studium ist wirklich überflüssig und kann euch krank machen. Und wer seine Energie auf den Kampf unter Kommilitonen verschwendet, anstatt Netzwerke zu knüpfen, mindert sogar seine Zukunftschancen. Stichwort: Vitamin B.
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