Menschen unterzeichnen Vertrag
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Der vermeintliche Trend und was dahintersteckt

Blind Signing – Arbeitsverträge "blind" unterschreiben?

Blind Signing ist ein relativ neuer Begriff und beschreibt die schnelle Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag. Wir zeigen dir, was dahintersteckt.

Mit dem Begriff des Blind Signing hat sich in letzter Zeit ein weiterer englischsprachiger Begriff im Go-to-Vokabular der Arbeitsmarkt-Expertinnen und -Experten etabliert. Wir finden, auch du solltest zu diesem Thema Bescheid wissen und wollen dir deshalb eine Erklärung zu diesem interessanten Thema geben.

Arbeitsvertrag
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Im Kontext von Arbeitsverträgen bezeichnet das Blind Signing die Praxis, einen Arbeitsvertrag “blind” zu unterschreiben – sich also sehr schnell bzw. spontan einem neuen Arbeitgeber anzuschließen, ohne sich ausführlich mit dem neuen Job, der neuen Firma oder dem Arbeitsvertrag beschäftigt zu haben. Umgekehrt können auch Arbeitgeber Blind Signing betreiben – vor allem, wenn händeringend neue Teammitglieder gesucht werden und die Recruiting-Standards daher etwas loser ausgelegt werden als üblich. Nach dem Motto: Lieber eine besetzte Stelle, auf der irgendetwas erledigt wird, als dass die Arbeit weiterhin liegenbleibt.

Beide Fälle teilen eine Gemeinsamkeit: Wie gut die Zusammenarbeit wirklich passt, zeigt sich erst später. Das ist zwar auch bei jedem anderen Arbeitsverhältnis der Fall – das Risiko, einen Flop zu landen, steigt aber, wenn sich beide Parteien zum Zeitpunkt der Unterschrift nur wenig kennen. Auch den Arbeitsvertrag solltest du gründlich lesen und alle für deinen Arbeitsalltag relevanten Punkte prüfen. Gefällt dir etwas nicht, kannst du auch fragen, ob du deinen Arbeitsvertrag verhandeln kannst.

Was sind die Gründe für den Blind-Signing-Trend?

Aktuelle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt fördern den Trend hin zum Blind Signing. Die klassische Taktik, den Markt in Ruhe zu sondieren, sich Zeit zu lassen und nur wenige Bewerbungen rauszuschicken, ist für viele Branchen inzwischen überholt. Ein spannendes Jobangebot kann schnell weg sein – vor allem, wenn dir die Jobbörse genau anzeigt, wann es gepostet wurde. Warum also nicht schnell eine Bewerbung zusammenstellen und abschicken? Ein paar jobspezifische Änderungen an Anschreiben und Lebenslauf, Anhänge zusammenstellen und fertig ist die Bewerbung!

Fast noch wichtiger aber: Viele Bewerbungsgespräche gehen inzwischen nicht mehr in die Tiefe und bleiben oberflächlich. Vielleicht hast du es auch schon einmal erlebt – ein, zwei schnelle Zoom-Calls aus dem Homeoffice in der Mittagspause oder zwischen anderen Aufgaben sind häufig der einzige persönliche Kontakt vor der Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag. Zeit, das Unternehmen aus erster Hand kennenzulernen, die Erwartungen an das Arbeitsverhältnis zu besprechen oder den Gesprächspartner gut einschätzen zu können, bleibt da kaum.

Arbeitsvertrag
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Wie lässt sich Blind Signing vermeiden?

Die einfachste Antwort lautet: Mehr Zeit füreinander nehmen! Klingt wie ein Ratschlag aus einem beliebigen Beziehungsratgeber, ist aber auch in einer Situation wie dieser durchaus relevant. Das soll nicht heißen, dass für jede Stelle ein vierstündiger Assessment-Test durchgeführt wird. Stattdessen muss klare Kommunikation im Vordergrund stehen, denn nur so lässt sich schnell herausfinden, ob beide Parteien auf persönlicher und fachlicher Ebene gut zusammenpassen.

Ist Blind Signing wirklich ein Trend?

Bleibt nur noch die Frage: Ist Blind Signing ein neuer Trend oder ein altes Phänomen, das im Moment viel Aufmerksamkeit erfährt? Häufig wird ja gesagt, dass vor allem in der jüngeren Generation der Arbeitskräfte die Fluktuation seit Jahren zunimmt. Anekdotisch zeigt sich, dass die Bemerkungen von Arbeitsmarkt-Expertinnen und -Experten zum Blind Signing zunehmen. Heißt das auch, dass die Gesamtfluktuation zunimmt? Tatsächlich belegen die Zahlen bislang keinen klaren Trend, so zumindest eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zur Fluktuation auf dem deutschen Arbeitsmarkt. In der Tat bewegen sich die Zahlen seit vielen Jahren in einem vergleichsweise engen Korridor. Auf den Gesamtmarkt scheinen die schnelleren Jobwechsel der jüngeren Generation (noch) keinen großen Einfluss zu haben.

Fazit

Wenn du schnell deinen aktuellen Arbeitsvertrag unterschrieben hast und dich in der aktuellen Situation nicht wohlfühlst, kann es helfen, ein klärendes Gespräch mit deinem Arbeitgeber zu suchen. Gibt es keinen für beide Seiten zufriedenstellenden Ausweg, kann eine Kündigung bzw. eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine legitime Option sein. Für künftige Bewerbungsgespräche kannst du vor den Anzeichen von Blind Signing auf der Hut sein und dich vor einer vergleichbaren Situation schützen. Überlege, was du gerne gewusst hättest, bevor du deine letzte Stelle angetreten hast, und kläre diese Punkte neben den anderen häufigen Fragen im Bewerbungsgespräch frühzeitig ab.