Mann mit Hut
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Vorurteile im Check

Die Zeitarbeit – so schlecht wie ihr Ruf?

Zeitarbeit hat gemeinhin einen eher schlechten Ruf in der Bevölkerung. Wir nehmen das Thema für dich genauer unter die Lupe, um mit Vorurteilen aufzuräumen.

Zeitarbeit hat oft einen schlechten Ruf. Viele haben Vorurteile, doch das betrifft oft Menschen, die nie in der Zeitarbeit tätig waren. Typische Annahmen: Zeitarbeit sei schlecht bezahlt, nichts für Akademiker:innen und die Arbeitsbedingungen seien mies. Doch wie viel davon stimmt wirklich?

Frau am Laptop
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Frau am Laptop

Zeitarbeit – ein verbreitetes Konzept

Zeitarbeit ist ein weit verbreitetes Modell, das von vielen Unternehmen genutzt wird, um flexibel auf Personalengpässe zu reagieren. Zeitarbeitsfirmen, auch als Personaldienstleister bekannt, beschäftigen Mitarbeiter:innen, die dann für einen bestimmten Zeitraum an andere Unternehmen vermittelt werden. Dabei steht der oder die Mitarbeiter:in nicht bei dem Einsatzbetrieb, sondern bei der Zeitarbeitsfirma unter Vertrag. Dies bedeutet, dass alle rechtlichen Verpflichtungen, wie Sozialversicherungen oder der Kündigungsschutz, bei der Zeitarbeitsfirma liegen. Unternehmen schätzen dieses Modell, weil sie so flexibel Personal für kurz- oder mittelfristige Projekte oder Auftragsspitzen einstellen können, ohne die Verpflichtung einer langfristigen Festanstellung einzugehen.

Trotz dieser Flexibilität wird Zeitarbeit oft als weniger wertvoll im Vergleich zu einem festen Arbeitsverhältnis betrachtet. Diese Sichtweise resultiert häufig aus Vorurteilen oder mangelnder Kenntnis der tatsächlichen Bedingungen. In Wirklichkeit bietet Zeitarbeit viele Vorteile – nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Arbeitnehmer:innen. So können Zeitarbeiter:innen in verschiedenen Branchen Erfahrungen sammeln, ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und ein breites Netzwerk aufbauen. Gleichzeitig gibt es aber auch Nachteile, wie die oft kurzfristige Planung oder geringere Jobsicherheit. Wie in jedem Arbeitsmodell hängt der Erfolg von der individuellen Situation und den persönlichen Zielen ab.

Vorurteile im Check: Was stimmt wirklich?

  • Schlechte Bezahlung: Es stimmt, dass Zeitarbeit oft weniger zahlt als vergleichbare Festanstellungen im gleichen Betrieb. Allerdings übernimmt die Zeitarbeitsfirma auch zahlreiche Sozialleistungen wie Krankenversicherung, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub – selbst, wenn keine direkte Vermittlung vorliegt. Durch tarifliche Zuschläge kann das Gehalt in manchen Branchen sogar höher liegen als bei Festangestellten. Übrigens: Die Löhne in der Zeitarbeit sind in den letzten Jahren stark gestiegen, besonders im Osten Deutschlands.
  • Kein Kündigungsschutz: Ein häufiges Missverständnis ist, dass Zeitarbeiter:innen keinen Kündigungsschutz hätten. Tatsächlich gelten für sie die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie für Festangestellte – inklusive Kündigungsschutz, bezahltem Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma bietet dieselbe Absicherung wie bei einer Direktanstellung.
  • Nur kurzfristige Einsätze: Viele glauben, dass Zeitarbeit immer auf kurzfristige Einsätze beschränkt ist. Doch das stimmt nicht. Es gibt durchaus langfristige Projekte oder wiederkehrende Einsätze, bei denen Zeitarbeiter:innen über mehrere Monate oder sogar Jahre bei einem Kund:innenunternehmen tätig sind. Besonders in der Pflege, IT oder im Ingenieurwesen sind langfristige Einsätze häufig. Zudem bieten Zeitarbeitsfirmen oft die Möglichkeit, nach erfolgreichen Einsätzen in eine Festanstellung bei der Kund:innenfirma übernommen zu werden.
  • Keine Aufstiegsmöglichkeiten: Ein weiteres Vorurteil ist, dass Zeitarbeit keine Karriereperspektiven bietet. Das stimmt nicht. Viele Arbeitnehmer:innen nutzen Zeitarbeit, um verschiedene Branchen und Positionen kennenzulernen und sich dadurch für höherqualifizierte Jobs zu empfehlen. Besonders in größeren Unternehmen kann Zeitarbeit ein Sprungbrett in höhere Positionen sein. Auch die Möglichkeit, durch Weiterbildungen im Rahmen der Zeitarbeit neue Qualifikationen zu erwerben, verbessert die Aufstiegschancen.
  • Schlechte Arbeitsbedingungen: Manche behaupten, dass die Arbeitsbedingungen für Zeitarbeiter:innen schlechter seien als für Festangestellte. Doch auch hier greift der gesetzliche Schutz. Zeitarbeiter:innen haben Anspruch auf die gleichen Arbeitsbedingungen wie die Stammbelegschaft – sei es in Bezug auf Arbeitssicherheit, Pausenzeiten oder Überstundenregelungen. In vielen Branchen und Unternehmen werden Zeitarbeiter:innen genauso behandelt wie Festangestellte, was den oft negativen Ruf der Zeitarbeit relativiert.
Laptop und Notizbuch
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Laptop und Notizbuch

Zeitarbeit für Akademiker:innen? Na klar!

Viele denken, Zeitarbeit sei nur für die Industrie und handwerkliche Berufe. Doch auch für Akademiker:innen bietet die Zeitarbeit interessante Möglichkeiten. Gerade junge Absolvent:innen nutzen die Chance, durch unterschiedliche Einsätze in verschiedenen Firmen wertvolle Erfahrungen zu sammeln, ihr berufliches Netzwerk auszubauen und letztlich vielleicht sogar bei einem Kund:innenunternehmen dauerhaft Fuß zu fassen. Zeitarbeit ermöglicht es ihnen, in kurzer Zeit verschiedene Unternehmensstrukturen und Arbeitsmethoden kennenzulernen. Das fördert nicht nur die persönliche Weiterentwicklung, sondern auch die berufliche Flexibilität, die heutzutage immer wichtiger wird. Laut Umfragen finden rund 70 % der Zeitarbeiter:innen später eine Festanstellung bei einem der Unternehmen, für die sie über die Zeitarbeit tätig waren.

Zeitarbeit bietet außerdem die Möglichkeit, auf bestimmte Fachbereiche zu spezialisieren oder in verschiedenen Branchen zu arbeiten, ohne sich sofort festzulegen. Das kann besonders für Akademiker:innen attraktiv sein, die ihre beruflichen Interessen noch erkunden möchten. Durch den festen Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma bleibt zudem eine gewisse Sicherheit bestehen, während man unterschiedliche Tätigkeitsfelder ausprobiert. So kann Zeitarbeit durchaus ein Türöffner für eine langfristige Karriere in einem Wunschunternehmen oder einer neuen Branche sein.

Zeitarbeit: Karrierechance statt Sackgasse?

Für viele wird Zeitarbeit oft als „Notlösung“ wahrgenommen, doch sie kann weitaus mehr sein – nämlich eine echte Karrierechance. Zeitarbeit ermöglicht es dir, unterschiedliche Branchen und Unternehmen kennenzulernen, ohne langfristige Verpflichtungen einzugehen. Gerade wenn du dir noch unsicher bist, in welchem Bereich du langfristig arbeiten möchtest, ist dies eine tolle Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln. Du kannst neue Fähigkeiten erlernen, deinen Lebenslauf durch vielfältige Projekte aufwerten und wertvolle Kontakte in der Branche knüpfen. Viele Zeitarbeitnehmer:innen nutzen diese Einsätze, um sich zu beweisen und langfristig bei einem Kundenunternehmen übernommen zu werden. Unternehmen schätzen oft die Möglichkeit, potenzielle Mitarbeiter:innen auf diese Weise kennenzulernen, bevor sie eine feste Stelle anbieten. Zeitarbeit öffnet dir also durchaus Türen, die du vielleicht zunächst nicht erwartet hättest.

Fazit

Zeitarbeit hat nicht nur Nachteile. Sie bietet Flexibilität und Chancen für viele Menschen – ob Berufseinsteiger:in, Wiedereinsteiger:in oder ältere Fachkraft. Auch die Angst, dass Zeitarbeiter:innen die Stammbelegschaft verdrängen, ist oft unbegründet. Viele Unternehmen nutzen Zeitarbeit, um Auftragsspitzen abzufangen oder saisonale Schwankungen zu überbrücken. Oft lernen sie dabei gute Kräfte kennen, die sie dann in Festanstellung übernehmen. Zeitarbeit ist also nicht nur eine „Notlösung“, sondern für viele eine echte Chance!