Work-Life-Balance durch verkürzte Arbeitszeit
Habt ihr schon von dem 6-Stunde-Arbeitsmodell gehört? Wir erklären euch, was das 6-Stunde-Arbeitsmodell ist und welche Vorteile es der Arbeitswelt bietet.
Habt ihr schon von dem 6-Stunde-Arbeitsmodell gehört? Wir erklären euch, was das 6-Stunde-Arbeitsmodell ist und welche Vorteile es der Arbeitswelt bietet.
Schaut ihr in der letzten Arbeitsstunde mehr auf die Uhr, als auf eure Aufgaben? Haltet euch fest, zukünftig könnte es eine Revolution in Sachen Arbeitszeit geben! bigKARRIERE stellt euch das alternative Arbeitszeitenmodell vor.
Eigentlich wurde 1918 der 8-Stunden-Arbeitstag in Deutschland eingeführt, um vor Überarbeitung zu schützen. Doch bis in die 1970er Jahre hinein war eine 48-Stunden-Woche normal, weil auch samstags gearbeitet wurde. Erst dann konnten die Gewerkschaften die 40-Stunden-Woche erkämpfen und einen Vorstoß in Sachen Work-Life-Balance sichern. Doch auch heute noch arbeiten viele Berufstätige mehr, als ihr Vertrag eigentlich vorsieht. Das schlaucht, lässt wenig Zeit fürs Privatleben und kann sogar zu Erkrankungen wie Burnout führen.
Eine Studie von Viking und dem Meinungsforschungsinstitut YouGov vom Februar 2017 scheint zu bestätigen, dass viele deutsche Berufstätige die Arbeitszeiten für zu lang halten. 53 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich eine Verkürzung des Arbeitstages wünschen und dafür sogar eine Lohnkürzung in Kauf nehmen würden. Insbesondere die jüngere Generation (18 bis 34 Jahre) zeigte mit 58 Prozent Befürwortern starke Unterstützung für die Idee. Auch andere Studien belegen, dass jüngere Menschen mehr Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance legen als ältere Jahrgänge.
In Schweden haben einige Beschäftigte bereits das, wovon viele Deutsche träumen – sie arbeiten nur 6 Stunden am Tag – und das bei vollem Gehalt. Dieses 6-Stunden-Arbeitsmodell wird von einigen schwedischen Betrieben bereits seit Jahren praktiziert, kürzlich hatte sogar eine Kommune das Experiment gewagt und verkürzte Arbeitszeiten in einem Altenpflegeheim eingeführt. Eine neue Idee ist das 6-Stunden-Arbeitsmodell aber nicht, der Philosoph Bertrand Russel warf die Idee von kürzeren Arbeitszeiten aufgrund des technologischen Fortschritts bereits im Jahr 1932 auf. Wo ist also der Haken?
Haken gibt es nicht, sagen die, die es ausprobiert haben. Dafür bringt das 6-Stunden-Arbeitsmodell viele Vorteile. Weil nach sechs Arbeitsstunden bereits Schluss ist, bleibt mehr Zeit fürs Privatleben, die Familie, Kinder, Hobbys und Ehrenamt. Die bessere Work-Life-Balance wiederum hat einen enormen Erholungswert, fördert Stressabbau und steigert die Motivation. Dadurch können Beschäftigte sich im Job besser konzentrieren und sind leistungsfähiger.
In Betrieben, die nach dem 6-Stunden-Arbeitsmodell arbeiten, zeigte sich ein interessanter Effekt: Die Mitarbeiter konnten alle Aufgaben aus dem 8-Stunden-Tag auch in sechs Stunden schaffen. Warum? Durch die Arbeitszeitverkürzung sind Beschäftigte effektiver und brauchen weniger Pausen. Zudem gibt es weniger Krankmeldungen. Eine Win-win-Situation für Betrieb und Mitarbeiter. Wird durch Einführung des 6-Stunden-Arbeitstages auch noch auf das Schichtsystem umgestellt, steigert sich die Produktionsleistung erneut. Schichtdienst ist insbesondere im medizinischen Bereich und im produzierenden Gewerbe relevant.
Also warum nicht flächendeckend zum 6-Stunden-Arbeitsmodell wechseln, wenn es so viele Vorteile gibt? Für Betriebe könnten die Kosten steigen, wenn tatsächlich in zwei aufeinanderfolgenden Schichten gearbeitet wird, denn dann verdoppelt sich die Belegschaft. Auf politischer Ebene gibt es Bedenken, durch strengere Arbeitszeitregelungen auf dem Weltmarkt nicht mehr mithalten zu können. Denn in China, Indien und anderen Ländern sind Arbeitnehmerrechte vergleichsweise noch wenig entwickelt, die Löhne entsprechend niedrig und die Exporte hoch. Je besser Beschäftigte hierzulande gestellt werden, desto weniger Spielraum hat die Politik, um auf Weltmarktveränderungen zu reagieren.
Noch klingt das 6-Stunden-Arbeitsmodell für viele nach Utopie. Doch es gibt zwei weitere wichtige Gründe, warum es zu einer Arbeitszeitverkürzung kommen könnte. Aktuell steigen die Krankenstände, auch weil Arbeitsstress auf Dauer krankmacht. Das belastet die Staatskassen. Und weil die Digitalisierung voranschreitet, wird sich die Arbeitswelt zukünftig sowieso stark verändern. Vollzeitarbeit sehen viele auch deshalb als Auslaufmodell.