Keine Angst vorm Assessment Center
Wie läuft ein Assessment Center ab? Welche Übungen erwarten euch und wie bereitet man sich am besten vor? bigKARRIERE hat die Antworten parat.
Wie läuft ein Assessment Center ab? Welche Übungen erwarten euch und wie bereitet man sich am besten vor? bigKARRIERE hat die Antworten parat.
Ihr habt euch auf eine Stelle in einem Unternehmen beworben und seid nun zu einem Assessment Center eingeladen worden? Klar, dass ihr nun stolz wie Bolle seid. Denn ihr habt die einmalige Chance auf das begehrte Trainee-Programm bei einem echten Big-Player. Aber halt: Jetzt tauchen sicher die ersten Fragezeichen in eurem Kopf auf: Was ist eigentlich ein Assessment Center und was erwartet mich da? Keine Panik, wir von bigKARRIERE machen euch fit für das Bewerber-Casting.
„Assessment“ kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Bewertung“ und „Einschätzung“. Ähnlich wie beim Casting von Talenten im TV stellt man euch im Assessment Center über einen oder mehrere Tage hinweg vor eine Reihe von kniffligen Aufgaben und beobachtet, wie ihr diese bewältigt. Wer sich am besten schlägt, bekommt schließlich den Job. Ein Assessment Center wird manchmal auch als „verkürzte Probezeit“ bezeichnet.
Während ihr in einem Vorstellungsgespräch einem Personaler viel erzählen könnt, wie toll ihr seid und was ihr alles auf dem Kasten habt – in einem Assessment Center ist Schluss mit der Flunkerei. Hier erleben die Beobachter aus dem Unternehmen direkt, wie ihr euch in bestimmten Situationen, die in eurem späteren Beruf auftauchen können, verhaltet. Beobachtet werdet ihr bei eurem Auftritt von Mitarbeitern aus der Personalabteilung sowie dem zuständigen Fachbereich. Manchmal kommen sogar externe Psychologen zum Einsatz. Diese heben oder senken den Daumen über eure berufliche Zukunft.
Assessment Center werden von größeren Unternehmen oder Konzernen veranstaltet, die jedes Jahr auf der Jagd nach Top-Fachkräften sind. Vor allem bei Banken, Versicherungen und Unternehmensberatungen werden sie genutzt. Bewerbt ihr euch für ein Trainee-Programm, solltet ihr auf ein Assessment Center gefasst sein – ebenso in der IT und im Vertrieb. Im Jahr 2015 wurde das Auswahlverfahren bereits von einem Drittel der befragten Unternehmen in der Praxis eingesetzt. Von den 30 DAX-Unternehmen in Deutschland setzen 27 Assessment Center ein.
Kleine und mittelständische Unternehmen greifen bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter hingegen kaum auf Assessment Center zurück. Denn das Bewerber-Casting ist aufwändig und sehr teuer. Aber auch in KMUs nutzt man neben dem klassischen Bewerbungsgespräch einzelne Elemente aus einem Assessment Center, wie zum Beispiel Fallstudien, Rollenspiele und Präsentationen.
Die Aufgaben, die euch in einem Assessment Center erwarten, können ganz unterschiedlich sein. Beliebt sind folgende Übungen:
Wir stellen euch nachfolgend die wichtigsten AC-Übungen vor – und worauf es bei ihnen jeweils ankommt.
„Stellen Sie sich kurz vor“ oder „Erzählen Sie von Ihrem bisherigen Leben und Ihren Zielen“. Mit Fragen zu eurer Person beginnt ein Assessment Center in der Regel. Denn so lernen sich die Bewerber gegenseitig kennen. Gleichzeitig kann sich der Arbeitgeber einen ersten Eindruck von euren rhetorischen Skills machen. Stellt in einem kurzen Vortrag die wichtigsten Stationen eures Lebens dar und begründet immer, warum ihr diesen oder jenen Weg eingeschlagen habt. Pluspunkte sammelt ihr, wenn ihr eure Vorstellung am Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle orientiert. Betont Berufserfahrungen, Hobbys oder ehrenamtliche Tätigkeiten, die für euren neuen Job nützlich sein können. Alternativ kann euch auch eine andere Form der Vorstellungsrunde blühen. Bei der Partnerpräsentation müsst ihr euren Sitznachbarn den anderen Teilnehmern vorstellen.
Auch eine Fallstudie kann Bestandteil eines Assessment Center sein. Bei dieser Übung müsst ihr ein Problem aus dem Arbeitsalltag in eurer Branche in der Gruppe lösen und eine bestmögliche Lösung entwickeln. Dabei geht es nicht darum, eine 100 % richtige Antwort zu geben. Vielmehr wird geschaut, wie ihr an ein Problem herangeht und welche - auch unkonventionellen - Lösungen ihr erarbeitet. Im Vordergrund stehen eine schnelle Auffassungsgabe und die Fähigkeit, sich rasch in komplexe Themen einzuarbeiten. Außerdem wird bei der Fallstudien-Übung geprüft, wie teamfähig ihr seid.
Schauspielern zählt nicht gerade zu euren Stärken? Im Rollenspiel müsst ihr jetzt allerdings beweisen, welches Schauspielertalent in euch steckt. Denn im Rollenspiel werdet ihr meist in einem erfundenen Zweiergespräch mit einer kniffligen Situation konfrontiert - da kann es durchaus auch mal emotional hoch her gehen. Je nach ausgeschriebener Stelle kann es sich dabei um ein Kundengespräch, ein Mitarbeitergespräch oder eine andere realistische Situation aus dem zukünftigen Berufsalltag handeln. Beispielsweise ist es möglich, dass sich ein Kunde bei euch beschwert, weil er mit einem Produkt unzufrieden ist.
Als Repräsentant des Unternehmens müsst ihr auf die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden eingehen und in der Lage sein, eine brenzlige Gesprächssituation zu entschärfen, Gemeinsamkeiten zu finden und, ganz wichtig, unternehmerisch zu handeln. Dabei solltet ihr die Informationen, die ihr über euer Gegenüber bekommt, klug einsetzen. Hat z. B. in dem konkreten Fall tatsächlich das Unternehmen Schuld, könnt ihr evtl. einen finanziellen Ausgleich anbieten – vorausgesetzt, ihr übertretet damit nicht eure Entscheidungsbefugnis.
Beim Rollenspiel werden eure Soft Skills geprüft. Letztlich kommt es darauf an, dass ihr Empathie zeigt, gleichzeitig aber auch nicht die Interessen des Unternehmens aus den Augen verliert. Lasst euch also nicht zu impulsiven oder unpassenden Äußerungen hinreißen, sondern bleibt immer souverän. Auch dürft ihr nicht die Handlungskompetenz der euch zugedachten Rolle überschreiten.
Hier stellt man der Gruppe ein Thema zur Diskussion. Dieses kann sich entweder auf das Unternehmen beziehen oder aber einen aktuellen Tagesbezug haben. Beispiel: „Brexit – Welche Vor- und Nachteile bringt er mit sich?“ Alternativ soll die Gruppe sich ein Thema selbst ausdenken – hier könnt ihr punkten, wenn ihr eine Abstimmung unter den Gruppenmitgliedern vorschlagt. Bei der Gruppendiskussionen punktet ihr vor den Vertretern der Personalabteilung, wenn ihr logisch und überzeugend eure Argumente vorbringt, ohne die Meinung der restlichen Teilnehmer zu übergehen. Vertretet euren Standpunkt offensiv, aber nicht aggressiv und bleibt dabei stets sachlich.
Bei dieser klassischen AC-Aufgabe wird getestet, wie ihr unter hohem Zeitdruck arbeitet und Entscheidungen trefft. Ihr schlüpft in die Rolle eines Angestellten, der in einer bestimmten Zeit einen Haufen Dokumente (z. B. E-Mails mit zu erledigenden Aufgaben oder Rechnungen) sichten und priorisieren muss. Für zusätzlichen Stress sorgen dabei beispielsweise simulierte Telefonanrufe.
So löst ihr diese Aufgabe:
Als Alternative zur Postkorbübung kommt auch die sogenannte Fact-Finding-Übung im Assessment Center vor, bei der ihr die Problembeschreibung eines Unternehmens erhaltet. Beispielsweise ist der Umsatz des Unternehmens zurückgegangen, obwohl die Konkurrenz positive Umsätze erzielt. Hier kommt es auf eure analytischen Fähigkeiten an, denn ihr müsst im Interview mit einer Person die Hintergrundinformationen erfragen, die zur Lösung des Problems führen können. Wenn eure Fragen nicht präzise genug sind, bekommt ihr auch nicht die passenden Informationen und ihr bleibt bei der Vorstellung eures Lösungsvorschlags nur an der Oberfläche.
Wenn euch die Einladung zu einem Assessment Center in euren Briefkasten flattert, folgt der ersten Freude oft Unsicherheit und Nervosität. Ihr solltet entspannt, aber nicht ohne Vorbereitung an die Sache rangehen – immerhin geht es um nichts weniger als euren Traumjob.
Das beste Rat gegen die Nervosität vor dem Assessment Center lautet: üben, üben und nochmals üben. Um eure Erfolgschancen zu steigern, könnt ihr beispielsweise an speziellen Bewerbertrainings oder Assessment Center-Simulationen teilnehmen. Dort bereitet man euch auf alle denkbaren Situationen vor. Klar, die genaue Vorgehensweise lässt sich natürlich nicht trainieren. Ihr erhaltet aber allgemeine Hilfestellung, die die Chancen auf den begehrten Job erhöhen. Falls es ein solches professionelles Angebot in eurer Stadt nicht gibt, schnappt euch Freunde oder jemanden aus der Familie und übt mit diesen.
Weitere Tipps zur Vorbereitung:
Große Unternehmen wie Allianz, Daimler & Co., die stapelweise Bewerbungen erhalten, nutzen zur Vorauswahl der Kandidaten eines Assessment Center meist ein vorgeschaltetes Online-Assessment-Center. Denn sie möchten möglichst nur die besten Leute zum Assessment Center einladen. Dabei müsst ihr Aufgaben online erledigen. Diese testen euer Fachwissen, eure Konzentrations- und Merkfähigkeit, eure Sprachkenntnisse und euer logisches Denken. Charaktermerkmale wie Einfühlungsvermögen oder Ehrgeiz werden über einen Fragebogen erfasst.
Zur Selbsteinschätzung und Vorbereitung könnt ihr vor einem Online-Assessment-Center sog. Self Assessments auf den Karriereseiten einiger Firmen ohne Anmeldung absolvieren. So bekommt ihr schon ein gutes Gespür für den Fragestil bei dem Auswahlverfahren.
Ihr erhaltet nach der Bewerbung eine E-Mail vom Unternehmen mit den Zugangsdaten zu dem AC-Tool und bis wann ihr die Prüfung absolviert haben müsst.
Wenn ihr einen Test beginnt, läuft die Zeit. Ist die Zeit vorüber, wird der Test automatisch beendet. Wenn ihr euch durch alle Aufgaben durchgeackert habt, gibt es die automatische Auswertung. Von einigen Firmen erhaltet ihr einen Ergebnisbericht, andere teilen euch nur mit, ob ihr die nächste Runde, beispielsweise das persönliche Assessment Center, erreicht habt.
1. Jedes Assessment Center ist zwar anders, doch es gibt gewisse Standardübungen, mit denen ihr in fast jedem Assessment Center rechnen müsst. Dazu zählen Rollenspiele, Präsentationen und Gruppendiskussionen. Auf diese Aufgaben könnt ihr euch zumindest mental vorbereiten.
2. Kommt gut ausgeschlafen und fit zum Assessment Center, damit ihr aufmerksam seid und gut zuhören könnt – denn zuhören zu können ist eine elementare Eigenschaft für Teilnehmer an einem Auswahlverfahren. Achtet auch auf einen dem Unternehmen angepassten Kleidungsstil.
3. Eure Hochschule bietet ein AC-Training an? Dann solltet ihr unbedingt daran teilnehmen, um die Herausforderung Assessment Center etwas gelassener anzugehen.
4. Verstellt euch bei den Übungen nicht, sondern bleibt so authentisch wie möglich.
5. Bleibt auch in den Pausen seriös, denn auch dort steht ihr unter Beobachtung. Spielt also nicht die ganze Zeit an eurem Handy herum oder berichtet von eurer letzten Partytour. Denn gutes Benehmen ist für jedes Unternehmen wichtig. Vor allem, wenn ihr in eurer künftigen Tätigkeit auf Kunden losgelassen werdet.
6. Nehmt unbedingt eine Uhr mit in das Assessment Center, da euch Verspätungen in dem eng getakteten Auswahltag sonst nur Probleme bereiten.
7. Es ist absolut okay, im Assessment Center nervös zu sein und dies auch offen zu sagen. Doch übertriebene Unsicherheit solltet ihr nicht an den Tag legen. Sonst könnte der Eindruck entstehen, dass ihr mit Drucksituationen grundsätzlich ein Problem habt.
8. Verfallt nicht in Panik, wenn ihr eine Aufgabe mal nicht oder nicht in der zur Verfügung stehenden Zeit lösen könnt. Das kann vom Unternehmen so beabsichtigt sein.
9. Ihr dürft im Assessment Center ruhig selbstbewusst auftreten, aber bleibt immer freundlich und fair. Drängt andere nicht bewusst in den Hintergrund und zeigt auch eure Qualitäten als Teamplayer.
10. In der Stellenanzeige steht, dass Englischkenntnisse erwünscht sind? Dann könnt ihr davon ausgehen, dass irgendwann die Frage kommt: „Do you speak English?“ Daher solltet ihr auch in eurer Bewerbung ehrlich sein und nichts von fließenden Englischkenntnissen schreiben, wenn ihr dann auf Nachfrage nur ein Gestammel hervorbringt.
11. Nutzt die Pausen zur Entspannung.
12. Denkt immer daran: Es geht im Assessment Center nicht darum, der Beste zu sein. Meist sollen gewisse Mindestanforderungen erfüllt werden, die aber auch in der Gruppe erreicht werden können.
Ihr schiebt Stress vor eurem ersten Assessment Center? Verständlich! Doch damit seid ihr nicht allein. Vermutlich geht es allen Teilnehmern an einem Assessment Center so. Und gegen ein bisschen Lampenfieber ist ja auch nichts einzuwenden. Mit Übungen und Tests könnt ihr euch aber gut auf nahezu alle Bereiche eines Assessment Center vorbereiten. Denkt daran: Es geht nicht nur darum, welchen Eindruck ihr auf das Unternehmen macht. Letztlich muss auch euch das Unternehmen sympathisch sein. Haltet daher während des Assessment Center Augen und Ohren offen, wie die Leute, die euch bewerten sollen, so drauf sind und ob das Auswahlverfahren professionell organisiert ist.