Frau mit Brille
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Frau mit Brille
Verschweigen oder begründen?

Schlechtes Arbeitszeugnis bekommen

Schlechtes Arbeitszeugnis bekommen? Wir verraten dir, wie du es erkennst, was du dagegen tun kannst und wie du damit in deiner nächsten Bewerbung umgehst.

Cholerischer Chef, miese Stimmung im Team oder fehlende Strukturen: Es gibt viele Gründe, einer Arbeitsstelle den Rücken zu kehren und sich nach einem neuen Job umzusehen. Doch was tun, wenn das Zeugnis der letzten Arbeitsstelle negativ ausgefallen ist? Wird es sich bei der Bewerbung um eine neue Stelle möglicherweise als Karrierekiller erweisen? Wir sagen dir, wie du erkennst, ob du wirklich ein schlechtes Arbeitszeugnis hast und wie du mit einem schlechten Arbeitszeugnis Bewerbung und Vorstellungsgespräch erfolgreich meisterst.

Kann der Arbeitgeber ein schlechtes Arbeitszeugnis ausstellen?

Als Arbeitnehmer:in hast du Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, wenn deine Tätigkeit endet. Der Arbeitgeber muss dir laut Gesetz anschließend ein Arbeitszeugnis ausstellen und er hat die Pflicht, dieses wohlwollend und wahrheitsgemäß zu formulieren. Was darin zu stehen hat, ist nicht festgelegt. Auch bei der Vergabe der Noten sind Arbeitgeber:innen grundsätzlich frei. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat aber dazu geführt, dass Arbeitszeugnisse mindestens die Note "befriedigend" erhalten müssen. Für die Notenvergabe bei einem Arbeitszeugnis bedeutet das:

  • Bei durchschnittlichen Leistungen muss mindestens die Note "befriedigend" vergeben werden.
  • Wollen Arbeitgeber:innen eine schlechtere Note erteilen, so liegt die Beweislast bei ihnen. Das bedeutet, sie müssen ihre Entscheidung begründen und belegen.
  • Hast du für deine Arbeit ein "befriedigend" erhalten, bist aber der Meinung ein "gutes" oder "sehr gutes" Zeugnis verdient zu haben, liegt die Beweislast wiederum bei dir. Du musst beweisen, dass du bessere Leistungen erbracht hast.

Wie erkenne ich, ob mein Arbeitszeugnis gut oder schlecht ist?

Es gibt verschiedene Merkmale, die auf ein schlechtes Arbeitszeugnis hinweisen können. Folgende Merkmale sollten dich aufhorchen lassen:

  • Dein Arbeitszeugnis fällt relativ kurz aus. Das Arbeitszeugnis muss hinsichtlich des Umfangs zur Beschäftigungsdauer und dem Umfang deiner Tätigkeit passen. Du warst fünf Jahre im Betrieb, aber dein Zeugnis ist nur eine halbe Seite lang? Das könnte ein Hinweis auf ein schlechtes Arbeitszeugnis sein.
  • Es wimmelt von Passivsätzen. Es ist z. B. die Rede von "wurde beauftragt" oder "war beschäftigt".
  • Es ergeben sich Widersprüche. Deine Note ist "gut", aber inhaltlich weist das Arbeitszeugnis auf Schwächen im Sozialverhalten oder der Zuverlässigkeit hin.
  • Das Arbeitszeugnis ist wenig aussagekräftig. Das Unternehmen wird eingehend beschrieben, aber die Beschreibung der Tätigkeit wird fast stichpunktartig abgehandelt.
  • Das Arbeitszeugnis ist oberflächlich. Über dich werden keine individuellen Aussagen getroffen. Es fehlen die beruflichen Erfolge und einzigartige Leistungen, die dich als Mitarbeiter auszeichnen.

Welche Wörter sollten in einem Arbeitszeugnis nicht stehen?

Da das Arbeitszeugnis positiv formuliert sein muss, verwenden Arbeitgeber:innen oft sogenannte Zeugniscodes, um subtile Kritik auszudrücken. Daher ist es entscheidend, auf die Wortwahl im Zeugnis zu achten. Einige Begriffe und Formulierungen, die stutzig machen oder negativ interpretiert werden könnten, sind:

1. Andeutungen von Konflikten oder Unzuverlässigkeit:

  • „Bemüht“ – klingt, als hättest du viel versucht, aber nichts geschafft.
  • „Stets bemüht“ – der Klassiker. Wird häufig als Code für mangelnden Erfolg verwendet.
  • „Er/Sie zeigte Verständnis für die Aufgaben“ – das impliziert, dass die Aufgaben zwar verstanden, aber nicht erfolgreich umgesetzt wurden.

2. Mangelnde Teamfähigkeit:

  • „War mit Kolleg:innen korrekt“ – deutet darauf hin, dass es zwar keine Konflikte gab, aber auch keine echte Teamfähigkeit bestand.
  • „Zeigte sich kollegial im angemessenen Rahmen“ – könnte bedeuten, dass die Zusammenarbeit nur minimal oder widerwillig war.

3. Hinweise auf fehlende Motivation oder Disziplin:

  • „War pünktlich“ – klingt harmlos, hebt jedoch eine Selbstverständlichkeit hervor, was vermuten lässt, dass nicht viel mehr gelobt werden kann.
  • „War belastbar“ – ohne Verstärker wie „stets hoch“ oder „besonders“ wirkt dies neutral und kann als mangelndes Engagement gewertet werden.

4. Formulierungen, die auf Verhaltensprobleme hindeuten könnten:

  • „Zeigte im Umgang mit Vorgesetzten das notwendige Maß an Respekt“ – klingt, als wäre das Mindestmaß gerade so erreicht worden.
  • „War ein interessierter Gesprächspartner“ – könnte auf eine Neigung zu überflüssigen Diskussionen hinweisen.

5. Deutliche Hinweise auf eine problematische Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

  • „Auf eigenen Wunsch verlassen“ – kann manchmal als Hinweis auf Unzufriedenheit mit der Stelle gewertet werden.
  • „Wir wünschen ihm/ihr alles Gute“ – klingt neutral, wird aber oft als mangelnde Wertschätzung interpretiert, wenn keine Ergänzungen wie „für die berufliche und private Zukunft“ oder Ähnliches folgen.

Was tun, wenn solche Formulierungen auftauchen?

Wenn du in deinem Arbeitszeugnis verdächtige Worte oder Formulierungen entdeckst, solltest du dies nicht ignorieren. Ein Arbeitszeugnis sollte wohlwollend und objektiv formuliert sein. Fordere im Zweifel eine Überarbeitung, da dir ein negatives Zeugnis bei Bewerbungen schaden kann. Ein gutes Zeugnis spricht klar und eindeutig von deinen Stärken – ohne Raum für Interpretationen.

Mann am Laptop
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Mann am Laptop

Wie schlecht darf ein Arbeitszeugnis ausfallen?

Ein Arbeitszeugnis unterliegt in Deutschland strengen Vorgaben. Es muss der Wahrheit entsprechen, aber gleichzeitig wohlwollend formuliert sein, um den beruflichen Werdegang nicht unnötig zu erschweren. Doch wie schlecht darf ein Arbeitszeugnis tatsächlich ausfallen?

Wahrheitspflicht und Wohlwollenspflicht – der schmale Grat

  • Wahrheitspflicht: Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, im Arbeitszeugnis die tatsächlichen Leistungen und das Verhalten korrekt wiederzugeben. Das heißt, grobe Unwahrheiten oder Übertreibungen – ob positiv oder negativ – sind nicht zulässig.
  • Wohlwollenspflicht: Gleichzeitig soll das Zeugnis so formuliert sein, dass es dich nicht in ein schlechteres Licht rückt, als es die Realität erfordert. Selbst bei schlechter Leistung muss das Zeugnis so gestaltet sein, dass es nicht diskriminierend oder schädigend wirkt.

Ein Arbeitszeugnis darf negativ ausfallen, wenn die Arbeitsleistung oder das Verhalten tatsächlich mangelhaft war. Allerdings muss diese Negativität in der Zeugnissprache verschlüsselt oder abgemildert sein. Direkte Kritik oder abwertende Bemerkungen sind unzulässig.

Beispiele für negative Bewertungen:

  • Direkt: „War faul und unzuverlässig.“ – unzulässig.
  • Indirekt: „Er zeigte sich stets bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden.“ – gilt als Hinweis auf unzureichende Leistung.

Ebenso darf ein Arbeitszeugnis das Verhältnis zu Vorgesetzten oder Kollegen nur erwähnen, wenn es positiv oder neutral ausfällt. Eine Auslassung in diesem Bereich wird oft als Kritik interpretiert.

Handelt es sich wirklich um ein schlechtes Arbeitszeugnis?

Bevor du für deine berufliche Zukunft schwarz siehst, solltest du prüfen lassen, ob es sich tatsächlich um ein schlechtes Arbeitszeugnis handelt. Denn: Oft ist es nicht so einfach, die klassischen Formulierungen im Arbeitszeugnis verstehen und richtig deuten zu können. So manches vermeintlich schlechte Arbeitszeugnis entpuppt sich als ganz okay. Personaler:innen und Kanzleien für Arbeitsrecht hingegen sind in der Lage bestimmte Codes auf den ersten Blick zu erkennen und ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Im Internet findest du zudem die gängigen Formulierungen und ihre Übersetzung. So erhältst du zumindest eine grobe Vorstellung davon, mit welcher Gesamtnote du bewertet wurdest. Wer auf Nummer sicher gehen will, zieht Profis hinzu, zum Beispiel die angesprochenen Personaler:innen oder Anwält:innen für Arbeitsrecht. Idealerweise kümmerst du dich darum, sobald dir das schlechte Arbeitszeugnis vorliegt.

Kannst du gegen ein Arbeitszeugnis Widerspruch einlegen?

Ja, du kannst gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis Widerspruch einlegen. Der Widerspruch sollte schriftlich erfolgen und du solltest die Textstellen, die du anfechten willst, aufführen. Du kannst zudem alternative Formulierungen vorschlagen. Halte im Widerspruch fest, dass du zwei Wochen Zeit einräumst, die beanstandeten Passagen zu korrigieren. Hole dir Unterstützung von einer Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht, wenn innerhalb der genannten Frist keine Korrektur erfolgt ist.

Frau mit weißem Shirt
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Frau mit weißem Shirt

Wie wichtig ist das Arbeitszeugnis für die Bewerbung?

Wenn in Stellenausschreibungen von vollständigen Bewerbungsunterlagen die Rede ist, setzen Personaler:innen grundsätzlich voraus, dass das Zeugnis der letzten bzw. vorletzten Arbeitsstelle enthalten ist. Du kannst davon ausgehen, dass sich das Unternehmen dieses Schriftstück genau durchlesen wird – schließlich wollen die Menschen, die dich auf Taugnis für die ausgeschriebene Stelle überprüfen, zum einen etwas über deinen beruflichen Werdegang erfahren und sich zum anderen ein Bild darüber machen, ob du dich in deinem vorherigen Job bewährt hast. Gibt es mehrere geeignete Bewerber:innen für eine Position, kann es vorkommen, dass das Arbeitszeugnis ausschlaggebend dafür ist, sich für oder eben gegen bestimmte Kandidat:innen zu entscheiden. Unterschätze daher die Bedeutung des Arbeitszeugnisses nicht!

Darf ein schlechtes Arbeitszeugnis in der Bewerbung weggelassen werden?

Ein schlechtes Arbeitszeugnis in der Bewerbung einfach zu unterschlagen, ist keine besonders gute Idee. Verlangen Arbeitgeber:innen in der Stellenausschreibung explizit nach vollständigen Bewerbungsunterlagen (womit alle Arbeitszeugnisse eingeschlossen sind) und das letzte Arbeitszeugnis fehlt, werden clevere Personaler:innen diese Lücke sofort entdecken. Deine Bewerbung wandert höchstwahrscheinlich direkt in den Papierkorb. Spätestens im Vorstellungsgespräch wirft das fehlende Arbeitszeugnis peinliche Fragen auf.

Das schlecht bewertete Arbeitsverhältnis war nur von sehr kurzer Dauer? In einem solchen Fall raten einige Bewerbungs-Expert:innen dazu, das schlechte Arbeitszeugnis unter den Tisch fallen zu lassen – und das unglückliche Zwischenspiel sogar aus dem Lebenslauf zu streichen. Allerdings: Entsteht dadurch eine signifikante Lücke im Lebenslauf, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass danach gefragt wird. Und stimmt dein angegebener Lebenslauf z. B. nicht mit deinem Profil in Karrierenetzwerken überein, kann das für dich und deine Bewerbung ebenfalls schon ein frühes K.-o.-Kriterium sein. Diese Option solltest du also wirklich nur verwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nur maximal einige Monate gedauert hat und zwischen zwei längeren Phasen der Beschäftigung liegt.

Wie gehst du mit einem schlechten Arbeitszeugnis im Bewerbungsgespräch um?

Du hast eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten – Gratulation! Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist damit noch nicht aus der Welt, aber zumindest gibt dir deine Wunschfirma die Chance, dich persönlich vorzustellen und die negative Bewertung geradezurücken. Stell dich darauf ein, dass dein:e Gesprächspartner:innen erfahren wollen, was es mit dem schlechten Arbeitszeugnis auf sich hat. Gute Vorbereitung ist daher das A und O!

Strategie 1: Mit anderen guten Leistungen und Referenzen punkten

Versuche, im Bewerbungsgespräch das schlechte Arbeitszeugnis mit guten Leistungen abzuschwächen. Verweise auf ältere positive Arbeitszeugnisse. Trumpfe mit erfolgreichen Projekten auf, die du für frühere Arbeitgeber:innen oder in deiner letzten Firma erfolgreich umgesetzt hast. Du kannst Referenzen von Kund:innen einholen, die dir die gute Zusammenarbeit bestätigen.

Strategie 2: Ein schlechtes Arbeitszeugnis erklären

Findige Personaler:innen werden ein schlechtes Arbeitszeugnis erkennen und dich darauf ansprechen. In diesem Fall solltest du mit offenen Karten spielen und erklären, wie es dazu gekommen ist. Lasse dich nicht dazu hinreißen, über dein ehemaliges Unternehmen oder frühere Vorgesetzte herzuziehen. Das wird von Personaler:innen als schlechter Stil eingestuft. Du kannst aber durchaus erläutern, dass es zum Beispiel in deiner alten Firma an Strukturen mangelte oder du vom Aufgabengebiet andere Vorstellungen hattest als die Geschäfts- oder Abteilungsleitung und du nun auf der Suche nach dem:der richtigen Arbeitgeber:in bist, wo du deine Fähigkeiten besser einbringen kannst.

Strategie 3: Ahnungslos spielen

Wenn du über schauspielerisches Talent und ein Pokerface verfügt, kannst du so tun, als ob du nicht gewusst hättest, dass das Arbeitszeugnis schlecht ist. Versichere glaubhaft, dass du das schlechte Arbeitszeugnis nochmals prüfen und gegebenenfalls korrigieren lässt. Diese Strategie ist etwas für Fortgeschrittene, denn gewiefte Personaler:innen könnten den Bluff durchschauen – und dann war es das mit dem neuen Job. Eher keine Option ist das zudem, wenn du schon ein paar berufliche Stationen durchlaufen hast und daher eigentlich wissen müsstest, was es mit Arbeitszeugnissen auf sich hat.

Fazit

Ein schlechtes Arbeitszeugnis kann sich als Stolperstein für das weitere Berufsleben erweisen – Personaler:innen sortieren deine Bewerbung aus und auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch kannst du lange warten. Am besten also, es kommt erst gar nicht so weit und du lässt dein Arbeitszeugnis sofort nach Erhalt von Expert:innen überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.

Hast du das versäumt, bleibt dir nichts anderes übrig, als offen und ehrlich damit umzugehen – im Anschreiben, im Lebenslauf und im Bewerbungsgespräch. Versuche nicht oder nur im Notfall, das schlechte Arbeitszeugnis unter den Tisch fallen zu lassen. In den meisten Fällen kommt das ans Tageslicht, zum Beispiel, weil Personaler:innen im Vorstellungsgespräch nach dem Arbeitszeugnis fragen oder weil dein LinkedIn-Profil die Beschäftigung ausweist. Stelle stattdessen deine Vorzüge und beruflichen Erfolge ins Rampenlicht. Dann ist ein schlechtes Arbeitszeugnis oft kein Drama mehr.

WEITERFÜHRENDE LINKS

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