Macht Social Media dumm?
Im Silicon Valley bevorzugen Tech-Eltern technologiefreie Schulen für ihre Kinder. Auch Steve Jobs und Bill Gates beschränkten die Technologienutzung ihrer Kinder.
Im Silicon Valley bevorzugen Tech-Eltern technologiefreie Schulen für ihre Kinder. Auch Steve Jobs und Bill Gates beschränkten die Technologienutzung ihrer Kinder.
Das Smartphone ist inzwischen fast zum Körperteil geworden - jeder Millennial, vom Schulkind bis zum Studierenden, hat es ständig dabei und verbringt viel Zeit auf Instagram, Snapchat und WhatsApp. Die 16- bis 24-Jährigen bilden die größte Gruppe: 89 Prozent von ihnen sind Social-Media-Nutzer (Statistisches Bundesamt, 2018). Im Jahr 2018 betrug die durchschnittliche Internetnutzung in Deutschland über alle Altersklassen hinweg vier Stunden und 53 Minuten. Auf Social Media entfielen davon laut Global-Digital-Report 2018 eine Stunde und 13 Minuten. Das Thema Smartphone- und Social Media Nutzung erhitzt die Gemüter - nicht nur am Esstisch. Welchen Einfluss gibt es auf die Noten und das Wohlbefinden?
An Studien zum Thema fehlt es nicht. Doch einstimmig sind sie nicht. Während einige Studien einen negativen Effekt feststellen, sehen andere einen positiven Einfluss oder gar keinen Zusammenhang. Eine Forschergruppe aus Deutschland wollte dem auf den Grund gehen und hat eine Metastudie zusammengestellt. In die Auswertung eingeflossen sind 59 einzelne Studien. Die Metaanalyse "Active on Facebook and Failing at School? Meta-Analytic Findings on the Relationship Between Online Social Networking Activities and Academic Achievement" von Caroline Marker, Timo Gnambs und Markus Appel von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg kommt zu vier Schlüssen:
#1: Schüler, die Social Media intensiv nutzen, um über schulrelevante Themen zu kommunizieren, haben tendenziell etwas bessere Noten.
#2: Schüler, die beim Lernen oder bei den Hausaufgaben häufig Instagram und andere soziale Netzwerke verwenden, schneiden tendenziell etwas schlechter ab als Schüler, die das nicht tun. Das Multitasking scheint also eher abzulenken.
#3: Schüler mit häufiger Social Media Nutzung für private Zwecke (Nachrichten senden, Fotos liken und posten etc.) haben etwas schlechtere Noten. Dieser negative Effekt ist jedoch sehr gering.
#4: Schüler mit intensiver Social Media Nutzung verbringen nicht automatisch weniger Zeit mit Lernen. Daher gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Social Media Nutzung Schülern wertvolle Zeit für Schularbeiten stiehlt.
Was die Metaanalyse allerdings nicht zu beantworten vermag, ist, was Ursache und was Wirkung ist. Die Daten geben nicht her, ob die intensive Nutzung von Social Media zu schlechteren Noten führt oder ob leistungsschwächere Schüler eher zu Social Media greifen. Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft lässt sich also sagen: die Nutzung sozialer Medien scheint sich nicht wesentlich nachteilig auf die Noten auszuwirken - wenn die Nutzung mit dem Lernstoff zu tun hat.
Soziale Netzwerke sind rund 15 Jahre alt, und damit ein relativ neuer Forschungsgegenstand. In den kommenden Jahren dürfte es also noch mehr Studien zum Thema geben. Auch der Einfluss der Social Media Nutzung auf das Wohlbefinden wird erforscht. Und hier sind die Ergebnisse bisher ernüchternd: Jugendliche, die regelmäßig soziale Medien nutzen, haben ein erhöhtes Risiko, an Depressionen zu erkranken. Kinder, die täglich über drei Stunden am Smartphone verbringen, sind stärker selbstmordgefährdet.
Zu viel Social Media ist also weder gut für die Abschlussnote, noch für das Wohlbefinden. Doch weil digitale Technologien absichtlich einen hohen Suchtfaktor haben, fällt es nicht immer leicht, das Smartphone wegzulegen und den Laptop zu schließen. Das wussten wohl schon Steve Jobs und Bill Gates und haben deshalb ihrem Nachwuchs zu viel Screen-Time verboten.
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