zwei Schraubenzieher
margie / photocase.de
zwei Schraubenzieher
Für wen ist sie sinnvoll?

Ausbildung mit Abitur

Es muss nicht immer Studium sein! Ausbildung mit Abitur ist eine gute Wahl für die Zukunft. Wo haben Abiturienten die Nase vorn? Und wie bekommt ihr euren Traumjob?

Junge trägt Bücher
Foto: luxuz::. / photocase.de
Junge trägt Bücher

Es muss nicht immer Studium sein – das sehen auch immer mehr Abiturienten so: Im Jahr 2014 verfügte mehr als jeder vierte Auszubildende über die Hochschulreife. Im Jahr 2009 war es gerade einmal jeder fünfte. Dies geht hervor aus dem aktuellen Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Der Trend geht also zur Ausbildung mit Abitur.

Attraktiv ist an einer dualen Ausbildung vor allem der praktische Aspekt. Viele Schulabgänger wünschen sich, ihre Fähigkeiten direkt in einem Beruf einsetzen zu können. Die Aussicht auf ein sehr theoretisch gestaltetes Studium ist nicht für jeden verlockend. Hinzu kommt, dass Abiturienten durch die Einführung des G8 immer jünger werden und nicht unbedingt mit der im Studium geforderten Selbstorganisation zurechtkommen. Die wachsende Zahl an Studienabbrechern weist darauf hin, dass viele Abiturienten mit ihrer Wahl unglücklich sind. 

Das hohe Maß an Eigenverantwortung im Studium ist also ebenfalls ein Grund, weshalb junge Menschen die stärker strukturierte und pragmatischere Ausbildung vorziehen. Außerdem dauert eine Abiturientenausbildung häufig weniger lang als ein Studium, was vor allem dann wichtig ist, wenn ihr schnell ins Berufsleben einsteigen wollt.

schraubenzieher
margie / photocase.de
schraubenzieher

Ist eine Ausbildung mit Abitur interessant für mich?

Gehört auch ihr zu den Schulabgängern, die Ihre Fähigkeiten am liebsten direkt in einem Beruf einbringen möchten? Dann könnte eine Ausbildung mit Abitur genau das Richtige für euch sein. Seid ihr nicht ganz sicher, ob Ausbildung oder Studium das Richtige für euch ist?

Diese Fragen können euch bei der Entscheidung helfen:

  • Wollt ihr eure Fähigkeiten gerne praktisch einsetzen?
  • Interessieren euch die Abläufe in einem Betrieb?
  • Habt ihr Schwierigkeiten damit, euch selbstständig zu organisieren?
  • Möchtet ihr möglichst schnell eigenes Geld verdienen?
  • Müsstet ihr auf euren Wunsch-Studiengang wegen schlechter Noten sehr lange warten?
  • Passt eure Wunsch-Ausbildung gut zu euren persönlichen Stärken?
  • Fällt euch theoretisches Lernen schwer?
  • Wollt ihr früh ins Berufsleben einsteigen?

Wenn ihr diese Fragen zum größten Teil mit „Ja“ beantwortet, dann solltet ihr euch einmal genauer über die Ausbildungsmöglichkeiten mit Abitur oder Fachhochschulreife informieren. Grundsätzlich könnt ihr natürlich jede Ausbildung auch mit Abitur absolvieren. Es gibt jedoch Berufe, in denen Abiturienten besonders gute Chancen haben. In diesen Ausbildungsberufen etwa haben circa zwei von drei Azubis eine (Fach-)Hochschulreife:

  • Medienkaufmann Digital und Print
  • Kaufmann für Marketingkommunikation
  • Buchhändler
  • Mediengestalter für Bild und Ton
  • Mediengestalter für Digital und Print
  • Immobilienkaufmann
  • Bankkaufmann
  • Veranstaltungskaufmann
  • Fachangestellter für Medien- u. Info. Dienste
  • Biologielaborant

Das bedeutet: Wenn ihr euch für einen dieser Berufe interessiert, stehen eure Chancen mit Abitur sehr gut.

Wie bewerbe ich mich um meinen Ausbildungsplatz?

Im nächsten Schritt solltet ihr euch informieren, welche Unternehmen in eurer Umgebung die gewünschte Ausbildung anbieten. Falls ihr die Ausbildung nicht in eurer Heimatstadt machen könnt, solltet ihr euch überlegen, ob ihr für euren Traumberuf den Wohnort wechseln möchtet – und falls ja: wie weit ihr von zuhause weg ziehen würdet.

Bei der Suche nach passenden Ausbildungsbetrieben kann euch das Jobcenter weiterhelfen. Auch eine Ausbildungsmesse hilft euch dabei, einen Überblick über die verschiedenen Firmen zu bekommen und erste Kontakte zu knüpfen. Zwar werden hier nur in den seltensten Fällen Ausbildungsplätze direkt vergeben – ihr habt jedoch die Möglichkeit, einen persönlichen Ansprechpartner kennenzulernen und Details zum Ablauf der Ausbildung erfahren. Häufig bringen die Unternehmen zur Messe auch aktuelle Azubis aus dem Betrieb mit. Diese beantworten eure Fragen und vermitteln euch ein Gefühl dafür, ob das Arbeitsumfeld zu euch passt.

Habt ihr euch für einen oder mehrere mögliche Arbeitgeber entschieden, solltet ihr eure Bewerbung sorgfältig vorbereiten. Falls ihr euch schon vor dem Abitur mit dem Thema Ausbildung befasst, könnt ihr idealerweise schon etwas Erfahrung sammeln – etwa durch Schülerpraktika oder Nebenjobs in dem Bereich, für den ihr euch interessiert. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten und Hobbys können euch weiterhelfen, sofern sie thematisch etwas mit der gewünschten Ausbildung zu tun haben.

Solche praktischen Erfahrungen sind zwar keine Voraussetzungen für die Ausbildungsstelle – sie verschaffen euch gegenüber anderen Bewerbern gerade bei begehrten Stellen möglicherweise einen Vorteil. Informiert euch außerdem genau über das Unternehmen, bei dem ihr euch bewerbt. Jedes Bewerbungsschreiben sollte sorgfältig und individuell an die jeweilige Firma angepasst werden. Erklärt, warum ihr euch für das Fachgebiet begeistert.

  • Warum wollt ihr bei genau dieser Firma arbeiten?
  • Warum interessiert euch dieser Beruf?
  • Welche Erfahrungen habt ihr bereits gesammelt?
Mensch in roter wolke
Mensch in roter wolke

In welchen Berufen sind Abiturienten schlechter gestellt?

Tatsächlich ist das Abitur nicht automatisch ein Freifahrtschein zum Wunschberuf.  Während Abiturienten in vielen kaufmännischen Berufen und Jobs im Finanzbereich die Nase vorn haben, werdet ihr euch mit einer Ausbildung im handwerklichen Bereich womöglich schwerer tun als Jugendliche mit Hauptschul- oder Realschulabschluss. Grund dafür ist vermutlich die Annahme der Betriebe, dass praktische Fähigkeiten auf dem Gymnasium zu wenig gelehrt werden. In klassischen Handwerksberufen wie Schreiner/in, Dachdecker/in oder Bauzeichner/in sind Azubis mit Abitur selten.

Es liegt also an euch, zukünftige Arbeitgeber von eurer Begeisterung für die Materie zu überzeugen. Ihr solltet auch schon etwas Praxis mitbringen – zum Beispiel, weil ihr in eurer Freizeit gerne kleinere Schreinerarbeiten erledigt oder als Kind und Jugendlicher in der Bäckerei eurer Großeltern ausgeholfen habt. Wenn ein möglicher Arbeitgeber sieht, dass ihr euch mit Leidenschaft bewerbt, stehen eure Chancen auch als Abiturient sicher gut. Natürlich solltet ihr in eurer Bewerbung auch hier betonen, weshalb ihr euch für das Fach und diesen speziellen Betrieb interessiert. Bei kleinen Handwerksbetrieben kann auch ein kurzes Telefonat weiterhelfen – so vermittelt ihr einen ersten Eindruck von euch selbst.

Was ist die Abiturientenausbildung?

Die sogenannte Abiturientenausbildung ist eine Sonderform der Ausbildung, die wirklich nur mit Abitur oder Fachabitur absolviert werden kann. Ihr werdet dabei wie in der klassischen dualen Ausbildung sowohl in einem Betrieb als auch an einer privaten Berufsschule ausgebildet. Da neben den normalen Berufsschulfächern auch weitere Lehrgänge angeboten werden, ist der theoretische Anteil höher als in der herkömmlichen Ausbildung. Ihr habt jedoch einen größeren Praxis-Anteil als beispielsweise im dualen Studium.

Die Abiturientenausbildung dauert je nach gewähltem Beruf zwischen zwei und vier Jahre. Ein Vorteil: Ihr erwerbt in dieser Zeit nicht nur einen, sondern häufig sogar zwei Abschlüsse. So schließt beispielsweise die Abiturientenausbildung zum Ausbaumanager auch den Berufsabschluss als Stuckateur mit ein und als Eurokaufmann absolviert ihr zeitgleich die Berufsausbildung zu einem kaufmännischen Ausbildungsberuf, z.B. Industriekaufmann. Dadurch habt ihr hervorragende Übernahmechancen.

Die Abiturientenausbildung ist in etwa 20 verschiedenen Berufen möglich:

  • Assistent - Betriebsleitung im
  • Gartenbau
  • Ausbaumanager
  • Außenhandelsassistent
  • Betriebsassistent - Handwerk
  • Betriebswirt - allg.
  • Betriebswirt - Außenhandel
  • Betriebswirt - Textil
  • Betriebswirt - Verkehr/Logistik
  • Eurokaufmann
  • Fachberater – Integrierte Systeme
  • Fachberater - Softwaretechniken
  • Fachberater - Softwaretechniken
  • Finanzassistent
  • Fluglotse
  • Fachwirt - Vertrieb im Einzelhandel
  • Handelsfachwirt
  • Immobilienassistent
  • Management-/Direktionsassistent
  • Marketingfachkraft/-assistent
  • Technischer Betriebswirt - Handwerk
Ziel pfeil tafel
sör alex / photocase.de
Ziel pfeil tafel

Sollte ich mein Studium später nachholen?

Besser spät als nie – das ist die Einstellung vieler Abiturienten, die sich zunächst für eine Ausbildung entscheiden. Ein Studium im Anschluss oder nach einigen Jahren Berufserfahrung ist grundsätzlich eine gute Idee, insbesondere aus finanzieller Sicht. Nach wie vor profitieren Erwerbstätige mit Hochschulabschluss von höheren Gehältern und einer geringen Arbeitslosenquote.

Es bietet sich also an, nach erfolgreichem Berufsabschluss ein themenverwandtes Studium anzuschließen. Hierbei können die praktischen Erfahrungen der Ausbildung durchaus hilfreich sein. Hochschuldozenten beobachten, dass Studenten, die bereits eine Ausbildung abgeschlossen haben, meist zielorientierter arbeiten und sowohl fachlich als auch menschlich weiter entwickelt sind als ihre Kommilitonen.

Übrigens kann eine Berufsausbildung auch weiterhelfen, falls euer Notenschnitt im Abitur nicht gut genug ist für euer Traumstudienfach. Die Ausbildungszeit kann auf die Wartesemester angerechnet werden. Dabei sollte natürlich der gewählte Beruf idealerweise etwas mit dem gewünschten Studium zu tun haben. So könnt ihr beispielsweise eine Ausbildung zum Zahntechniker absolvieren, während ihr auf einen Studienplatz in Zahnmedizin wartet.

Zwingend notwendig ist ein Studium für beruflichen Erfolg jedoch nicht. Dies zeigt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2010.  Wenn ihr an eure Ausbildung  beispielsweise noch die Weiterbildung zum Meister oder Techniker anhängt, profitiert ihr davon sogar noch mehr – zumindest finanziell gesehen. Zwar liegt der Durchschnittsverdienst etwas geringer als bei Akademikern, dies liegt aber in erster Linie an den überdurchschnittlichen Gehältern einiger Studienabgänger. Im Vergleich zu vielen Hochschulabsolventen, insbesondere aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich, sind Meister und Techniker finanziell besser gestellt. Die Arbeitslosenquote liegt sogar noch unter der ohnehin niedrigen Quote bei Akademikern.

Hinzu kommt, dass ihr während eines Studiums kaum Geld verdienen könnt und eventuell sogar Schulden machen müsst, um das Studium zu finanzieren. Mit einer Ausbildung und anschließender Fortbildung zum Meister verdient ihr dagegen schon früh euer eigenes Geld und müsst nur kurz oder gar nicht auf ein Einkommen verzichten. Wenn ihr also aus rein finanziellen Gründen über ein Studium nachdenkt, kann die berufliche Fortbildung sogar der bessere Weg sein. Auch als Selbstständige in eurem Beruf habt ihr Chancen auf ein gutes Gehalt ohne Studium.

Wenn ihr euch schon zu Schulzeiten schwer getan habt mit theoretischen Abläufen und akademischem Lernen, besteht die Gefahr, dass euch dies im Studium noch größere Probleme bereitet – insbesondere, wenn ihr schon seit einigen Jahren im Berufsleben steht. Ihr solltet euch also auf jeden Fall motiviert und leidenschaftlich für das Studium entscheiden. Sonst ist die Gefahr eines Abbruchs groß. Wenn ihr euch für euer Fach begeistert und die Erfahrungen aus der Ausbildung durch das Studium ausweiten und euer Wissen ausbauen wollt, ist ein Studium eine gute Wahl. So könntet ihr nach einer Ausbildung als Kinderpfleger/in beispielsweise eure Begeisterung für euren Beruf durch ein Studium in Erziehungswissenschaften nutzen und euch so neue Karrierechancen eröffnen.

Fazit: Ausbildung mit Abitur ist eine gute Alternative zum Studium

Das Studium ist nach dem Abitur zwar die häufigste, nicht immer aber die beste Wahl. Eine Ausbildung mit Abitur kann für euch auch finanziell eine bessere Lösung sein. Wichtig für die Entscheidung sind eure persönlichen Stärken sowie eure beruflichen Ziele. Gerade wenn ihr euch unsicher seid, was ihr mit eurem Leben anfangen wollt, ist eine Ausbildung jedoch meist eine gute Entscheidung: Sie verschafft euch Zeit zur Orientierung und wichtige berufliche Qualifikationen.

  • Wer gerne praktisch tätig ist, profitiert von einer Ausbildung.
  • Die Ausbildung kann helfen, lange Wartezeiten auf ein Studium zu überbrücken.
  • In vielen kaufmännischen Berufen und im Finanzsektor werden Abiturienten bevorzugt.
  • Manche Ausbildungen können nur mit Abitur absolviert werden, z.B. Fluglotse.
  • In handwerklichen Berufen gibt es seltener Azubis mit Abitur.
  • Persönliche Praxiserfahrung, z.B. durch Hobbys, kann weiterhelfen.
  • Ausbildungsmessen und Jobcenter helfen bei der Suche nach Betrieben.
  • Bewerbungen müssen sorgfältig formuliert und an das Unternehmen angepasst werden.
  • Die Abiturientenausbildung ist eine Sonderform der Ausbildung für ca. 20 Berufe.
  • Studenten mit abgeschlossener Berufsausbildung profitieren von der Erfahrung.
  • Mit Meister oder Techniker verdient man unter Umständen mehr als nach einem Studium.