Ein Mann wird mit Arbeit zugemüllt
ANTONI SHKRABA production / pexels
Ein Mann wird mit Arbeit zugemüllt

Burnout: Wenn das Studium auf die Psyche schlägt

Wir zeigen euch, was unter fachlichen Aspekten unter Burnout im Studium zu verstehen ist und wie ihr euch aus der Situation des psychischen Stillstands befreien könnt.

Höher, schneller, weiter: Bildung sollte sich in der heutigen Leistungsgesellschaft lohnen und möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmen. Vorbei die Zeiten, als das Studieren noch mit Müßiggang und Spaß an der persönlichen Weiterentwicklung assoziiert wurde. Heute ist der Karrieredruck bereits im Studium zu spüren. Besonders seit dem Bologna-Prozess Anfang der 2000er Jahre bekommen Studenten hierzulande den Erfolgsdruck immer stärker zu spüren. Mit 18 das Abitur, fünf Jahre danach den Master schon in der Tasche. Und mit 30 sollte zumindest die erste Karrierestufe erklommen sein.

Der Erfolgsdruck im Studium steigt. Die Folge: Immer mehr Studenten erleiden einen Zusammenbruch. Unlängst haben Medien Burnout zur Volkskrankheit erhoben, als Stilmittel erfolgshungriger Karriere-Menschen. Doch der psychische Zusammenbruch ist mittlerweile auch zum Thema in den Hörsälen geworden. Was sind die Ursachen für diesen Wandel? Wir zeigen euch, was unter fachlichen Aspekten unter Burnout im Studium zu verstehen ist und wie ihr euch aus der Situation des psychischen Stillstands befreien könnt.

Statussymbol Burnout

Burnout oder Depression? Die Frage stellt sich schnell, wenn Menschen plötzlich stillstehen, und die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit schlagartig auf Null zurückfährt. Selbst für Psychologen ist es nicht immer sofort eindeutig zu erkennen, um welche Erkrankung es sich bei den Betroffenen handelt.

Burnout und Depression sind Erkrankungen, die in enger Verbindung zueinanderstehen. Dem Burnout im Studium muss keine Depression folgen, er kann allerdings in vielen Fällen Symptom einer dahinterliegenden Depression sein. Oder umgekehrt: Der körperliche Zusammenfall kann ebenso in eine Depression münden.

Der größte Unterscheid zwischen beiden Erkrankungen liegt wohl eher in der gesellschaftlichen Akzeptanz. Der Begriff Burnout wird gerne mal dem einer Depression vorgezogen. Warum? Depressive Menschen gelten als schwach, nicht leistungsfähig. Eine Belastung für die Gesellschaft und letztlich für den Arbeitsmarkt. Wer nichts leistet, ist in den Köpfen der Menschen weniger Wert. Ganz anders bei Burnout: der körperliche Totalausfall ist mittlerweile salonfähig. Er steht für Engagement, Motivation und Leidenschaft im beruflichen Kontext. Selbst dann, wenn nach dem Zusammenbruch eine Zeit lang nichts mehr geht.

Ein Mann hält die Hände vor den Kopf
Mikhail Nilov / pexels
Ein Mann hält die Hände vor den Kopf

Burnout im Studium: die Ursachen

Burnout ist weit mehr als nur der bloße Erschöpfungszustand. Die Ursache bildet ein eigentlich menschliches Verhalten: Das Streben nach Anerkennung. Menschen spiegeln sich anhand der Anerkennung von Seiten ihrer Mitmenschen. So formt sich ihr Selbstwert aus und führt im Idealfall zu einer stabilen Persönlichkeit. Ich weiß, was ich kann, ich weiß, wer ich bin. Der Glaube an sich selbst ist damit der Grundpfeiler einer stabilen Persönlichkeitsstruktur.

Das Bedürfnis nach Anerkennung verhält sich wie ein individuelles Reservoir. Bei Menschen, die im Zuge ihrer Persönlichkeitsentwicklung wenig Anerkennung erhalten haben, sind die Reserven schnell aufgebraucht. Sie lechzen förmlich nach noch mehr Selbstbestätigung. Und Setzen sich im Studium stärker unter Druck als ihre Kommilitonen. Stress kann zwar beflügeln, doch mit zunehmenden Ansprüchen steigt auch der Energieaufwand. Das hohe Engagement für das Studium kann auf Dauer nur mit noch mehr Energie gehalten werden. Wer spätestens dann nicht die Reißleine zieht, klappt irgendwann zusammen. Dies kann die eigene Identität sogar in ihren Grundfesten erschüttern, so dass daraus auch eine akute Depression erwachsen kann.

Der Krankheitsverlauf kann sich allerdings auch in entgegengesetzte Richtung entwickeln. Oftmals liegt einem Burnout bereits eine unbehandelte Depression zugrunde. Menschen werden aus unterschiedlichen Gründen depressiv. Ob schleichend über die Jahre oder abrupt durch einen persönlichen Schicksalsschlag, das Gefühl allgemeiner Antriebslosigkeit kann schnell in Burnout-Symptome umschlagen.

Eine Frau zerbricht sich den Kopf über ihren Lehrbüchern
Mikhail Nilov / pexels
Eine Frau zerbricht sich den Kopf über ihren Lehrbüchern

Vorsicht bei der Selbstdiagnose!

Wie gefährdet seid ihr? Ihr fühlt euch abgeschlagen und schreibt mit großem Kraftaufwand eure Hausarbeiten oder geht nur noch mit Unlust euren studentischen Verpflichtungen nach? Dies können Motive für ein Burnout im Studium sein. Sie können allerdings auch Ausdruck für etwas ganz anders sein: Vielleicht habt ihr euch verrannt und habt gemerkt, dass das Studium nichts für euch ist. Trifft dies nicht zu, könnte auch eine Depression dahinterstecken. Burnout oder Depression? Selbst die Fachwelt ist sich bei den folgenden Symptomen nicht hundertprozentig einig. Holt euch deshalb unbedingt fachlichen Rat:

  • Anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung: Ihr schlagt eure Studienbücher auf und legt sie nach dem ersten Anlesen direkt wieder beiseite. Es fällt euch schlicht und ergreifend zu schwer, euch auf ein Thema zu fokussieren und den Stoff aufzunehmen. Das Paradoxe: Ihr benötigt mehr Ruhephasen, könnt aber kaum richtig „abschalten“. Eure Gedanken kreisen unentwegt um das Studium und die nächste Klausur. Hält dieser Zustand bereits mehrere Wochen an, solltet ihr einen Experten aufsuchen.
     
  • Die Leistungsfähigkeit lässt nach: Bis vor Kurzem ging euch das Schreiben von Hausarbeiten wesentlich schneller von der Hand. Vorlesungen könnt ihr anders als bisher nur wenige Minuten folgen. Dann schaltet ihr ab. Doch anstatt einen Gang runterzuschalten, versucht ihr, gegenzusteuern. Ihr lernt noch mehr. Das kostet weitere Energie. Ihr werdet fahrig und nervös, die Konzentration geht langsam gegen Null.
     
  • Gefühl der inneren Leere: Von euren Mitmenschen werdet ihr womöglich nur als griesgrämiger Kautz abgetan. Doch in eurem Inneren macht sich Leere breit. Freude verspürt ihr nur noch selten. Wofür ihr euch zuvor noch begeistern konntet, reagiert ihr nur noch mit Zynismus.
     
  • Rückzug nach innen: Eure Kraftreserven reichen kaum noch für Freizeit und Sport. Ihr igelt euch ein und vernachlässigt kontinuierlich euren Freundeskreis. Der Rückzug erfolgt oftmals auch im übertragenen Sinne. Im Extremfall seid ihr zwar von Kommilitonen umgeben, gedanklich aber vollkommen auf euch bezogen.
Ein Mann bekommt viele Aufgaben zugeteilt
Gustavo Fring / pexels
Ein Mann bekommt viele Aufgaben zugeteilt

Das könnt ihr bei Burnout im Studium tun

Sollten die Anzeichen auf euch zutreffen, reicht es vielleicht schon aus, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Macht euch euren selbst auferlegten Leistungsdruck erst einmal bewusst und nehmt euch Zeit für Pausen. Ihr treibt gerne Sport? Dann wird es höchste Zeit, sich damit bewusst einen Ausgleich zu schaffen. Oft hilft es aber auch, mit befreundeten Kommilitonen über euer Problem zu sprechen. Vielleicht haben sie dieselben Erfahrungen gemacht und bereits eine Lösung für sich gefunden. Häufig reicht sogar schon das Gespräch, um ein Ventil zu öffnen.

 

Wenn ihr merkt, dass ihr so nicht weiterkommt, nutzt die studentischen Beratungen an den Universitäten. Dort könnt ihr euch gezielt Informationen holen. Dort könnt ihr ebenso Urlaubssemester oder längere Auszeiten besprechen. Sobald ihr feststellt, dass ihr trotz aller Bemühungen immer noch im Sumpf feststeckt, holt euch therapeutische Hilfe. Je früher ihr die Anzeichen eines Burnouts behandeln lasst, umso schneller und effektiver lernt ihr, mit Leistungsdruck und Stress im Studium umzugehen.

 

Doch damit es nicht erst soweit kommt, ist es hilfreich, Präventivmaßnahmen zu ergreifen. Optimiert zunächst euren Stundenplan. Zu voll? Unbedingt Pausen einbauen. Ebenso ist es wichtig, euren Feierabend zu planen und diesen auch bewusst einzuhalten. Versucht außerdem die Seminare zu besuchen, wofür ihr auch Interesse hegt. Sobald ihr Spaß an den Themen habt, empfindet ihr das Lernen weniger als Stress. Zugegeben: Schwer umzusetzen, aber immerhin einen Versuch wert.

 

Eine Frau hält die Hand zur Stopp-Geste hoch
Andrea Piacquadio / pexels
Eine Frau hält die Hand zur Stopp-Geste hoch

Fazit: Bei Burnout im Studium die Notbremse ziehen!

Ziel des Studiums ist es, sich nicht nur zu bilden, sondern auch in seiner Persönlichkeit weiter zu reifen. Dazu gehören ebenso viele Stunden in Universitätsbibliotheken wie lange Studentenpartys mit Freunden und Kommilitonen. Ihr steht zum ersten Mal auf eigenen Beinen, seid von den Eltern getrennt und müsst euch neben der Uni auch mit typischen Problemen der Erwachsenen herumschlagen.

 

Die nächste Stufe wird dann euer Auslandssemester sein. All das sind Erfahrungen, die neben dem Lernen ein umfassendes Studium ausmachen. Ein toller Abschluss bringt euch vielleicht in die erste Bewerbungsrunde, über die Zusage entscheidet allerdings ein gestandener Charakter. Und der lässt sich nicht aus Büchern und unter Zeitdruck formen. Habt ihr also das Gefühl, bereits im Studium im Karriere-Hamsterrad gefangen zu sein, dann beherzigt bei den ersten Burnout-Anzeichen folgende Punkte:

 

  • Burnout ist eine zunehmende Volkskrankheit, die durch den Leistungsdruck auch vor dem Studium keinen Halt macht
  • Bei den ersten Anzeichen für ein Burnout im Studium: Runter vom Gas! Nehmt euren Stundenplan einmal genauer unter die Lupe.
  • Horcht in euch hinein und macht euch die ersten Anzeichen bewusst. Doch Vorsicht vor voreiligen Schlüssen durch Selbstdiagnosen.
  • Legt eure Scheu ab und fangt an über eure Situation zu reden. Wenn ihr glaubt, in eine Sackgasse geraten zu sein, holt euch therapeutische Unterstützung.