Frau mit Kettenlicht
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Frau mit Kettenlicht
So habt ihr eure Gefühle unter Kontrolle

Emotionale Agilität

In der Arbeitswelt spielten Gefühle bisher eine untergeordnete Rolle, doch Emotionale Agilität könnte der Schlüssel sein, um ihnen mehr Raum zu geben.

Die Corona-Krise hat bei vielen Menschen zu einer Achterbahn der Gefühle geführt. Angst, Unsicherheit, Hoffnung, Mut, Aufbruchstimmung, Wut, Überforderung und Dankbarkeit - das Leben hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie drastisch geändert und die Gefühle konnten nicht immer Schritt halten. Ob privat oder beruflich, wir haben die ganze Gefühlspalette in den letzten Monaten kennengelernt. Wenn wir Gefühlen mehr Raum geben wollen, dann ist jetzt während der Corona-Krise wahrscheinlich ein guter Zeitpunkt dafür. Bislang sollten Gefühle – insbesondere in der Arbeitswelt – eine eher untergeordnete Rolle spielen. Professionalität und Gefühlen schließen sich aus. Da sind sich viele einig. Könnte allerdings sein, dass Emotionen und Professionalität gar nicht so gegensätzlich sind und wir einfach nur lernen müssen, besser mit Gefühlen umzugehen. Emotionale Agilität könnte der Schlüssel sein für mehr Gefühle in Berufs- und Privatleben.

Steine
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Steine

Was ist emotionale Agilität eigentlich?

Emotionale Agilität beschreibt die Fähigkeit, Gefühle mit Neugier und Mut zu betrachten und diese anzunehmen, ohne zu werten. Zudem helfen uns unsere Gefühle, unsere Werte zu entdecken und uns an diesen zu orientieren. Emotionen können als Datenmaterial angesehen werden, das wir beobachten und auswerten. Gefühle dienen dann als Informationsbasis und sie helfen uns, bessere Entscheidungen zu treffen. Gefühle zu unterdrücken oder komplett auszuschalten, ist nicht möglich. Sie lassen sich auch nicht ganz und gar kontrollieren. Während es bei der emotionalen Intelligenz eher darum geht, Gefühle zu kontrollieren. Setzt die emotionale Agilität eher darauf, dass wir unsere Gefühle wertfrei wahrnehmen, akzeptieren und mit diesen in Einklang kommen. Emotionen sind einfach da, sie sind weder gut noch schlecht.

Warum ist emotionale Agilität so wichtig?

Die Psychologin Susan David hat im Bereich emotionale Agilität geforscht und sie ist der Überzeugung, dass die emotionale Agilität der Schlüssel zu einem besseren Leben ist. In einer sich ständig verändernden Welt müssen wir uns anpassen können. Emotionale Agilität bedeutet beispielsweise:

  • Emotionen müssen nicht in "gut" und "schlecht" unterteilt werden. Wir dürfen unsere Gefühle neugierig und mutig betrachten und sie wertfrei behandeln. Gefühle sind einfach da.
  • Unser Leben verändert sich ständig. Es herrscht eine große Unsicherheit und viele Menschen können damit noch nicht gut umgehen.
  • Oftmals sind unsere Reaktionen auf unsere Emotionen starr. Wir verharren in den immer gleichen Mustern.
  • Unterdrückte Emotionen können die Kontrolle über uns übernehmen.
  • Große Ziele lassen sich nicht erreichen, wenn man nicht bereit ist, unangenehme Gefühle zu ertragen. Ob man die Elternschaft wagt, im Berufe nach oben will oder anderweitige Ziele hat, ohne Stress, Angst, Trauer und Wut kommt man an großen Zielen nicht an.
  • Emotionen sind Wegweiser, die uns helfen, unsere Werte zu erkennen und auf deren Grundlage Entscheidungen zu treffen.
Frau mit Kristall
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Emotionale Agilität - so könnt ihr sie steigern

Ihr möchtet eure emotionale Agilität steigern und lernen, wie ihr eure Emotionen im Berufs- und Privatleben nutzen könnt? Folgende Tipps können hilfreich sein:

  • Verabschiedet euch von Idealbildern. Unrealistische Erwartungen und Ansprüche braucht niemand. Ihr wart bislang immer der gut gelaunte Klassenclown? Ihr seid immer cool und gelassen und euch bringt so gar nichts aus der Ruhe? Andere haben ein festes Bild von euch, an dem ihr möglichst nichts verändern wollt? Kein Mensch hat immer nur vermeintlich positive Gefühle. Wenn ihr eine Führungsposition in eurem Unternehmen bekleidet, wird von euch möglicherweise erwartet, dass ihr stets gut gelaunt seid. Möchtet ihr die Erwartungen anderer auf keinen Fall enttäuschen, vermeidet ihr möglicherweise Situationen, in denen ihr mit unangenehmen Gefühlen konfrontiert werden könntet. Ihr sprecht Konflikte nicht an, delegiert unangenehme Aufgaben und vermeidet bestimmte Situationen. Wenn ihr euch bestimmten Situationen immer wieder entzieht und ihr diese nicht bewältigen könnt, habt ihr vielleicht das Gefühl zu versagen. Gefühle einfach zu unterdrücken oder zu leugnen ist auch nicht die Lösung, denn Gefühle lassen sich schwer verbergen und das Verhalten wirkt unauthentisch. Eure Glaubwürdigkeit kann darunter leiden. Lasst Idealbilder los und glaubt nicht, immer nur Stärke und Zufriedenheit demonstrieren zu müssen.
  • Lernt, eure Emotionen zu benennen. Im ersten Schritt müsst ihr lernen, dass Gefühle einfach auftauchen. Im nächsten Schritt müsst ihr lernen, Gefühle zu benennen. Das gestaltet sich oftmals schwieriger als gedacht. Versucht, verschiedene Emotionen aufzuzählen. Wie viele fallen euch ein? Ihr könnt im Internet nach Emotionen recherchieren und damit ein wenig arbeiten. Mit der Zeit wird es euch leichter fallen, eure Emotionen zu benennen.
  • Seinen eigenen Emotionen neugierig zu begegnen und diesen einen Namen geben zu wollen, ist bereits ein wichtiger Schritt in Richtung emotionaler Agilität. Im nächsten Schritt geht es darum, dass ihr eure Muster erkennt. Eure Gedanken kreisen immer wieder um ein bestimmtes Thema und eure Gefühle haben euch fest im Griff? Hier müsst ihr euch selbst beobachten. Vielleicht kommt ihr immer wieder an einen Punkt, an dem ihr euch mit Schuldgefühlen und Versagensängsten plagt. Solche Grübeleien können zu einem Teufelskreis werden.
  • Akzeptiert eure Gefühle. Wenn man sich in Grübeleien verstrickt und sich in der Negativspirale immer weiter dreht, dann versucht man diesen Teufelskreis häufig durch weiteres Nachdenken zu lösen. Ihr müsst allerdings nicht auf jeden Gedanken reagieren und diesen auflösen. Setzt bei euren Gefühlen an. Beobachtet eure Emotionen. Achtet auf eine tiefe, ruhige Atmung und dann nehmt eure Gefühle wahr. Vielleicht seid ihr innerlich ganz aufgewühlt und braucht jetzt einfach etwas Mitgefühl. Seid euch selbst ein guter Freund und betrachtet euch selbst mit diesem Mitgefühl. Vielleicht entdeckt ihr die Hintergründe hinter euren Gefühlen und könnt die Situation so besser aufschlüsseln.
  • Bleibt euren Werten treu. Wenn ihr euch eure Gedanken und Gefühle bewusst macht, dann könnt ihr eure Werte besser erkennen und eure Entscheidungen auf der Grundlage eurer Werte treffen. Fragt euch bei allen gefühlsmäßigen Reaktionen, ob euch das selbst, eure Familie oder euren Arbeitgeber weiterbringt? Fragt euch, ob ihr damit euer Unternehmen den Unternehmenszielen näherbringt und Kollegen darin unterstützt, die Unternehmensziele zu erreichen? Seid ihr auf Weg zu einem besseren Leben und einem guten Job? Mithilfe dieser Fragen könnt ihr auch eure persönliche Belastungsgrenze herausfinden. Es ist niemandem geholfen, wenn ihr euch ein halbes Jahr lang ständig überlastet, dann in einem Burnout landet und möglicherweise für längere Zeit gar nicht mehr arbeiten könnt. Habt ihr einen solchen Teufelskreis erkannt und wisst ihr, dass ihr Alternativen finden müsst, um langfristig für euer Unternehmen beziehungsweise eure Familie da sein zu können, stehen eure Entscheidungen auf einer ganz anderen Grundlage.
  • Ein Schritt nach dem anderen. Wenn ihr nun Handlungsalternativen auf der Basis eurer Emotionen und Werte identifiziert habt, dann setzt ihr diese um. Hier ist es besonders wichtig, sich nicht zu viel auf einmal vorzunehmen. Macht lieber kleinere Schritte, aber fangt unbedingt an. Nehmt ihr euch gleich einen ganzen Berg vor, dann kann euch das wie eine unüberwindbare Hürde erscheinen. Malt euch eure Zukunft aus, definiert eine Vision und gestaltet einen Leitsatz, der euch während schwieriger Phasen als Anker dienen kann. Ihr könnt Ideen sammeln, wie sich bestimmte Dinge in eurem Leben umsetzen lassen. Ihr müsst nicht alle Ideen nutzen, aber so kommt ihr Schritt für Schritt weiter in eurer persönlichen Entwicklung. Für den Anfang könnte man sich beispielsweise vornehmen, etwas mehr Achtsamkeit in den Alltag zu bringen und die erste Tasse Kaffee oder Tee am Morgen ganz bewusst zu genießen. Im Laufe der Zeit folgen viele weitere kleine Veränderungen. Funktioniert eine der Veränderungen nicht, wird sie angepasst oder darf einfach wegfallen.

Fazit

Emotionale Agilität bedeutet, dass ihr eure Gefühle wertfrei annehmt und diese wie einen Kompass nutzt. Eure Gefühle geben euch Hinweise auf eure Werte. Ihr könnt eure Gefühle für werteorientierte Entscheidungen im Job und auch im Privatleben nutzen, um zu besseren Entscheidungen zu kommen und euer Leben bewusst zu gestalten.

Weitere Infos findet ihr in den nachfolgenden Links: